Hol dir die NEUE SPÖ Wien App: Der einfachste Weg zu deiner Wienpartei! KLICKE HIER!

10.11.2022

„Das Stromnetz in der Energiekrise“

Interview mit Christoph Schuh, Austrian Power Grid AG: Über Versorgungssicherheit und richtiges Strom-Sparen spricht Christoph Schuh (Austrian Power Grid AG).

Was ist die Aufgabe der Austrian Power Grid AG?

Die Austrian Power Grid ist Österreichs unabhängiger Übertragungsnetzbetreiber, der das überregionale Stromnetz steuert und verantwortet. Die Kapazitäten des Stromnetzes der APG sind Voraussetzung für eine nachhaltige, sichere Stromversorgung Österreichs, die Erreichung der Klima- und Energieziele sowie für die zunehmende Elektrifizierung von Gesellschaft, Wirtschaft und Industrie.

Erwartet die Austrian Power Grid AG nach derzeitigem Stand der Dinge Stromengpässe im Winter?

Klar ist, dass der kommende Winter aufgrund der angespannten geopolitischen Situation in der Ukraine, der extremen Trockenheit des vergangenen Sommers und der unter Druck stehenden Stromproduktionskapazitäten z.B. in Deutschland und Frankreich für die Energieversorgung Europas eine große Herausforderung ist. Die ENTSO-E (europäische Dachorganisation aller europäischen Übertragungsnetzbetreiber) veröffentlichte zuletzt ihre Ergebnisse einer Lastdeckungsanalyse für Europa im „Winter Outlook Report“. Das Ergebnis sieht für gewisse Regionen Europas wie u.a. Frankreich gewisse Risiken vor, für die Region Österreich fällt er aber unauffällig aus. Dieser Test kann allerdings eine innerösterreichische Analyse nicht ersetzen, die aktuell gerade in einem „Stresstest zur sicheren Stromversorgung im Winter 2022/23 für Österreich“ durch die APG durchgeführt wird. Die Ergebnisse dieser Untersuchungen werden in den kommenden Wochen vorliegen.

Sollte es zu Stromengpässen kommen, mit welchen Szenarien rechnet die Austrian Power Grid AG?

Dies sind wir gerade dabei, zu analysieren. Entscheidend dabei sind die Verfügbarkeit von Kraftwerken in Österreich und Europa, die klimatischen Rahmenbedingungen (u.a. Temperaturverlauf des Winters) sowie die Verbrauchsentwicklung. Die aktuell wichtigste Maßnahme ist, mit Energie bzw. Strom sorgsam und bewusst umzugehen bzw. zu sparen wo es geht, um etwaige kritische Situationen gar nicht entstehen zu lassen. Für Strom heißt dies: Jede nicht verbrauchte Kilowattstunde entlastet das Gesamtsystem am besten.

Wie bereitet sich die Austrian Power Grid AG auf diese Szenarien vor und womit müssen die Menschen rechnen?

Die wichtigste Vorbereitung ist das Vorliegen der entsprechenden Analysen. Insbesondere bei gleichzeitigem Eintreten mehrerer kritischer Einflussfaktoren (z.B. reduzierte Erzeugung in mehreren Ländern, erhöhte Stromnachfrage, Kaltwetterperioden, sehr geringe Erzeugung aus erneuerbaren Energieträgern…) können die damit verbundenen Herausforderungen bewältigt werden. Der Stresstest ermöglicht es, kritische Situationen, welche zu einer möglichen stundenweisen Strommangellage (Nachfrage nach Strom übersteigt das Anbot an Strom) führen können, frühzeitig zu identifizieren. Dies schafft die Möglichkeit für ein gezielteres Monitoring der Versorgungslage während des Winters und im Falle einer Eskalation ein präventives Gegensteuern mittels Reservekraftwerken bzw. Stromsparaufrufen als wirksame Maßnahmen vor einer allfälligen Aktivierung der Energielenkung durch das zuständige Ministerium. Wichtig ist: Strommangellagen sind von einem Blackout – einem unerwarteten großflächigen Stromausfall – zu unterscheiden. Dafür sehen wir aktuell kein erhöhtes Risiko. In Wien stellen die Kolleg*innen der Wiener Netze und der Wien Energie die Versorgung von zwei Millionen Menschen mit Strom sicher. Was wir als Verbraucher*innen nicht sehen: Tausende Mitarbeiter*innen leisten hier großartige Arbeit, damit dies jeden Tag aufs Neue reibungslos funktioniert.

Durch die hohen Gaspreise kaufen sich viele Menschen derzeit elektrische Heizlüfter – ist das eine gute Idee?

Insbesondere in der Winterzeit sind wir stark von Gaskraftwerken zur Deckung unseres Strombedarfs abhängig. Würde man den Strombedarf durch Heizlüfter erhöhen, müsste mehr Gas in Gaskraftwerken eingesetzt werden, um den erhöhten Strombedarf zu decken – gleichzeitig steigt damit auch die Belastung auf Verteilnetzebene stark an. Aus diesem Grund stellt ein Umstieg auf Heizlüfter keine sinnvolle Option zur Einsparung von Gas dar. Darüber hinaus verweisen wir auf die Expertise von Verbraucherschützern: Laut diesen sind elektronische Heizgeräte wie Heizlüfter nicht dafür gemacht, eine Heizung zu ersetzen und sollten daher nur mit Expertise eingesetzt werden.

Was würden Sie sich von der Bundesregierung oder der EU wünschen, um Ihnen Ihre Aufgabe zu erleichtern?

Das versorgungssichere Gelingen der Energiewende ist eine Mammutaufgabe in der jeder Akteur seine Verantwortung wahrnehmen muss, um das gemeinsame Ziel zu erreichen. Wir brauchen eine Gesamtsystemplanung – Erneuerbare Produktion, Netzinfrastruktur, Speicher, Kraftwerksreserven, digitale Plattformen zur Nutzung aller Flexibilitäten im Stromsystem – und gleichzeitig eine umgehende Umsetzung aller in der Pipeline befindlichen Projekte! Die Reduktion von Verfahrensdauern und der gesellschaftliche Konsens zur Umsetzung sind dabei das Gebot der Stunde. Als APG haben wir unsere Vorarbeiten gemacht: Unser Investitionsplan für die kommenden 10 Jahre in der Höhe von € 3,5 Mrd. liegt vor. Zeitverzögerungen wie zuletzt bei der Salzburgleitung um bis zu 10 Jahre können wir uns aus ökologischen, ökonomischen aber auch aus Gründen der Versorgungssicherheit nicht mehr leisten! Vergessen wir auch nicht, dass jedes umgesetzte Projekt der Energiewende auch preisdämpfend wirkt, weil es das Anbot erhöht. Für all das braucht es einen österreichweiten, nationalen Schulterschluss!

Wie können sich die Menschen bestmöglich auf den Winter vorbereiten? 

Das wichtigste ist, sorgsam und bewusst mit Strom und Energie umzugehen. Mit ganz einfachen Maßnahmen wie Licht abdrehen, Standby-Betrieb reduzieren bzw. Raumtemperatur drosseln lassen sich sehr rasch bis zu 10% Verbrauch reduzieren. Hierzu gibt es auch viele Tipps von Konsument*innen-Schutzorganisationen, Arbeiterkammer bzw. den Zivilschutzverbänden auf Bundesländerebene.

Was dir auch gefallen könnte:

Verpasse keine Neuigkeiten: